„Ohne halt – Kameradschaft voran.“ Ein verherrlichendes Autorennen-Würfelspiel aus der NS-Zeit

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Heute geht es um eine für diesen Ort recht ungewöhnliche Quelle. Mir ist kürzlich ein Würfelspiel aus den 1930er Jahren „zugeflogen“, das eine Art „Mensch ärgere Dich nicht!“ darstellt, nur mit Rennautos auf einer Rennstrecke. Es ist ein beredtes Dokument aus der Alltagskultur des Dritten Reiches und dokumentiert die Verherrlichung von Autorennen und Rennfahrern in jener Zeit. Das NS-Regime versprach den Deutschen die Massenmotorisierung, doch den „KdF-Wagen (KdF = „Kraft durch Freude“), den späteren Volkswagen oder „Käfer“, sollten nur sehr wenige selber lenken und erst seit den 1950er Jahren waren immer weitere Kreise in der Lage, sich einen PKW zu leisten. Die  NS-Propaganda befeuerte aber ganz gezielt den Wunsch nach einem eigenen Wagen. Eine zentrale Funktion nahmen diesbezüglich die erfolgreichen „Silberpfeile“ von Mercedes ein, die in den 1930er Jahren zahlreiche Rennen gewannen und deren Fahrer wie Bernd Rosemeyer und Rudolf Caracciola zu echten Popstars avancierten, gefeiert und bewundert von den Massen. Die deutschen Fahrer wurden als unerschrockene Haudegen inszeniert, die die unbändige Kraft der Motoren wagemutig einsetzten und kontrollierten. In den Spielregeln ist zu lesen: „Ihr habt alle die großen Autorennen in Erinnerung. Unsere berühmten deutschen Rennfahrer mit den schnellsten und besten Wagen der Welt bestritten stets erfolgreich die Rennen.“

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In dem Spiel „Ohne Halt“, das alleine oder im Team gespielt werden kann, existiert auf dem Brett ein kleiner Bereich, in dem Radfahrer ihr Gefährt in einer „Fahrrad-Wache“ abstellen, um dann an der Rennstrecke das Geschehen aus nächster Nähe zu betrachten.

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Symbolischer geht es wohl kaum. Die Radfahrer bewundern die motorisierte Technik, dieses Zukunftsversprechen, das in dem von den Nationalsozialisten geplanten kommenden Krieg dann in Form von Panzern und Kübelwagen (die dann anstatt der friedlichen „Käfer“ produziert wurden) bei der Eroberung riesiger Räume in Osteuropa eine wichtige Rolle spielen sollte. Es ist deshalb kein Zufall, dass in der NS-Propaganda die Motorisierung überhöht wurde. Im Vergleich zu den rasenden Silberpfeilen wirken Fahrräder ausgesprochen harmlos und friedlich.

Quelle: Ohne halt – Kameradschaft voran! Auto-Rennen für Einzelfahrer und Mannschaften, Mitte der 1930er Jahre; Literatur: Uwe Day, Silberpfeil und Hakenkreuz. Autorennsport im Nationalsozialismus, Berlin: be.bra wissenschaft verlag, 2005.

Hamburg, den 8. September / Lars Amenda