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Hamburg-Berlin (15.10.)

Ende des Sommers kribbelte es nach längerer Rennradabstinenz wieder in den Beinen und der Wunsch nach extensivem Radfahren brach sich mehr und mehr Bahn. Also reifte der Entschluss vor dem Winter noch einmal das Abenteuer zu suchen und ich meldete mich für HH-B an. In der verbliebenen Zeit bis zum Start versuchte ich noch ein paar Kilometer auf das Tachometer zu spulen und fand in Udo einen motivierten Mitstreiter, der sich überdies auch als Windschild andiente. Anfangs konnte ich kaum das Hinterrad halten und bei der ersten Tour über 100 km in der zweiten Septemberhälfte erlebte ich einen bösen Einbruch. Nicht die besten Voraussetzungen also für HH-B. Aber mit jeder weiteren Tour stieg die Formkurve an und Anfang Oktober kam der ultimative Test in Form einer 160er Runde, die letzte Gewissheit brachte, dass es schon irgendwie klappen sollte mit der Ankunft in Berlin. Während der ganzen kurzen Vorbereitung klebte ich bei den gemeinsamen Touren quasi an Udos Hinterrad, da „vorne" fahren ob der angeschlagenen Geschwindigkeit kaum bis gar nicht möglich war.  Es hatten noch mehrere ABCer und weitere Bekannte Interesse an HH-B bekundet aber aus diversen Gründen standen wir letztlich leider dann doch nur zu zweit bei frischem Wind und kühlen Temperaturen im Dunkeln am Start. 

Für Udo sollte es die Premiere über diese Distanz und überhaupt das erste mal sein, eine Tour über 200 Kilometer und mehr zu versuchen. So machten wir uns kurz vor 7 auf zu einer Fahrt ins Ungewisse. Praktisch mit der ersten Kurbelumdrehung fing es an zu tröpfeln. Glücklicherweise konnte sich der Regen zunächst nicht dazu entschließen, uns gänzlich zu durchnässen. Der am Deich recht deutlich zu spürende und Kälte verströmende Gegenwind war jedoch schon einmal Vorbote der vor uns liegenden Strapazen. Wir legten uns nach dem Start gleich ordentlich ins Zeug, denn in der Ferne waren 5 rote Lichter in Sicht, die etwas Windschatten versprachen. Nach etwa 4 Kilometern schlossen wir auf und wurden Teil der Gruppe. Die Gruppe lief recht harmonisch und es war bei dem Gegenwind eine tolle Sache, die Arbeitslast auf mehrere Schultern verteilt zu wissen. 


Natürlich trugen auch wir unseren Teil an der Führungsarbeit bei. Aufgrund der widrigen Witterungsverhältnisse dauerte es sehr lange, bis wir endlich unsere Beleuchtung ausschalten konnten. Im landschaftlich reizvollen Teil der Strecke zwischen Bleckede und Hitzacker waren die Straßen endlich mal trocken und die Stimmung in der Truppe stieg merklich an. So erfreuten wir uns an dem dortig hügeligem Terrain und schossen die kurzen Abfahrten bestens gelaunt hinunter.
Etwa bei KM 70 wurden wir nach einigen Überholvorgängen letztlich von einer Riesengruppe mit Tandem-Schrittmacher „geschluckt“. Ob der Größe der Gruppe war zunächst nicht klar, wer sich wo von den 7 Mitstreitern befand. Ich fuhr zuvor an zweiter Stelle und orientierte mich einfach an meinem Vordermann. Leider hatten sich seine vier Begleiter aus der Meute zurückfallen lassen und Udo hatte es ihnen gleich getan. Als er merkte, dass ich offenbar gewillt war, in der Riesengruppe zu verweilen, entschloss er sich unter Aufwendung beträchtlicher Ressourcen, alleine wieder an die Truppe ranzufahren. Ich ließ mich derweil immer weiter aus meiner vorderen Position zurückfallen, um zu schauen, wo die übrigen Mitstreiter abgeblieben waren. Als ich am Ende der Gruppe angelangt war, schloss Udo gerade wieder auf. Mit recht gesunder Gesichtsfarbe und erhöhter Atemfrequenz berichtete er mir von dem erlebten Ungemach. Wichtige Körner wurden vergeudet. Bis nach Dömitz waren es noch etwa 10 KM und die  Riesengruppe zerriss aufgrund der winkligen Strecke in immer mehr kleine Grüppchen.  Auch hier wurden weitere Körner verschwendet, da sich immer wieder Löcher nach scharfen Kurven auftaten, die wieder zugefahren werden mussten. In Dömitz kam dann die Verpflegung wie gerufen. Leider setzte dort der Regen verstärkt ein und die Temperaturen schienen etwas zu fallen. 

Lange hielten wir uns deshalb nicht auf und fuhren zu zweit weiter, da aus der 5er Gruppe vom Start leider 2 Mitstreiter noch vermisst wurden. War zuvor noch viel Radverkehr auf der Strecke gewesen, wurde es mit einem male recht einsam.  Für Udo begann spätestens jetzt ein Martyrium, welches ihn die nächsten circa 80 km hartnäckig begleiten sollte. Er hatte sich noch nicht wieder erholt von der vorherigen Hatz und konnte das Hinterrad häufiger nicht mehr halten. So mussten wir mehrere Gruppen ziehen lassen und waren letztlich auf uns alleine gestellt. Jetzt konnte der Wind vollends sein auszehrendes Spiel mit uns treiben. Es gab kein Entrinnen vor unserem Peiniger, denn wir fuhren unserem Gegner auf schnurgeraden Straßen ohne Autoverkehr direkt entgegen. Die Motivation sank ob des Regens und des Gegenwindes bei KM 140 so ziemlich auf 0, als Udo auch noch einen Schleicher feststellte. Er konnte sich nicht so recht entschließen Hand anzulegen, da der Gedanke der Aufgabe im Raum stand. Also wurde der Reifen vorerst nur wieder mit Luft gefüllt, statt die Ursache zu beheben. Wir schmiedeten den Plan, erst mal bis Havelberg zu fahren, dort dann ausgiebig zu pausieren und die vorhandenen Optionen abzuwägen. Mit wieder prallem Reifen klappte es dann mit dem radeln erst mal wieder ganz gut und für kurze Zeit konnte wir uns auch wieder einer Gruppe anschließen. Aber nach Kurven oder kleinen Rampen fiel es Udo schwer, wieder Fahrt aufzunehmen. Ich sortierte mich hinter ihm ein, um ihn im Bedarfsfalle etwas Schub zu verleihen oder Lücken zu zu fahren. Aber 10 km vor Havelberg war der Reifen wieder platt. Wieder wurde gepumpt und Havelberg wurde mittlerweile zu einem Sehnsuchtsort. Im hiesigen Supermarkt wurden dann Cola und Schokoriegel gekauft, im angeschlossenen Café konnte jedoch nichts warmes erstanden werden, da so kurz vor Feierabend schon alles „gemacht“ sei. 20 Minuten vor offiziellem Ladenschluss fand ich das schon reichlich service-unorientiert. Aber sei es drum.  Die Cola wirkte offenbar Wunder bei Udo. Er hatte zuvor nur Wasser in seinen Trinkflaschen gehabt, so dass es ihm offenbar nur an schnell verfügbaren Kohlenhydraten gemangelt hatte. Das ist natürlich nicht optimal, wenn es auf der Strecke kalt, nass und gegenwindbehaftet ist und einem die Energiespeicher schneller entleert werden, als dieses bei milderen Temperaturen der Fall ist. Da die Lebensgeister wieder geweckt waren, entschlossen wir uns, erst einmal bis Friesack zu fahren. Dort könnte man schauen, wie es um die Befindlichkeiten stünde und notfalls den Bahnhof ansteuern. Mit neuem Mute und abermals aufgepumptem Reifen machten wir uns wieder auf den Weg. Es lief auf einmal wieder rund und wie konnten einen ähnlich angenehmen Rhythmus anschlagen, wie wir ihn eingangs noch in der 5er Gruppe genossen hatten. Ohne Zwischenfälle kamen wir gut voran. Auch die ewig langen, schnurgeraden Schneisen durch die Ödnis konnten die Stimmung nicht trüben.


In Friesack machten wir dann eine Pause etwas abseits der Strecke. Wir freuten uns, nunmehr bereits 210 KM zurückgelegt zu haben und der Regen hatte mittlerweile auch endlich aufgegeben, uns zum Aufgeben bewegen zu wollen. Wir fühlten uns noch fit und statt zum Bahnhof zu fahren, entschieden wir uns, Nauen als nächstes Zwischenziel auszurufen. Von dort wären es nur noch etwa 30 km bis ins Ziel. 

Gerade wollten wir nach einem schnellen Energieriegel und der mittlerweile schon obligatorischen Pumpaktion wieder losfahren, da sahen wir eine etwa 20 Mann große Gruppe. Leider waren wir etwa 200 Meter von der Kreuzung entfernt und mussten uns erst wieder auf die Räder schwingen. Wir versuchten es etwa 10 Minuten lang, die Lücke zur Gruppe zu schließen, aber wir konnten sie nicht entscheidend verkleinern. Also blieb es beim Duett. Schade, das wäre jetzt wohl der Schlafwagen nach Berlin gewesen, aber an diesem Tage wollte uns das Glück wohl einfach nicht übermäßig hold sein…Das war aber gar nicht weiter schlimm, denn der gemeinsam Rhythmus war nunmehr gefunden und wurde beibehalten. Bei KM 240 in Nauen ging es nochmals in einen Supermarkt, um uns für die letzte Etappe zu stärken. Schnell saßen wir wieder im Sattel. Udo’s Reifen verlor nun immer schneller Luft, so dass wir uns kurz vor Berlin noch eine Zwangspause mit Schlauchwechsel einhandelten. Wäre wohl besser gewesen, gleich einen neuen Schlauch einzuziehen, aber zum Zeitpunkt der ersten Panne, schien die Weiterfahrt nach Berlin noch Utopie. Diese Pause sorgte dann dafür, dass wir uns im Dunkeln durch Berlin tasten mussten. Ich zog jetzt das Tempo noch einmal an, da mein Navi akute Akku-Schwäche anzeigte und mir die Strecke noch nicht aus dem ff geläufig war. Das Navi fiel dann genau an der letzten Streckengabelung aus und meine Rückleuchte tat es dem Navi kurze Zeit später nach. Das war aber zum Glück etwa 2 km vorm Ziel, welches wir dann kurze Zeit später wohlbehalten und guter Dinge erreichten. Es war echt nett, dass die ankommenden Fahrer bei der Einfahrt zum Wassersportheim von einem Spalier applaudierender Zuschauer empfangen wurden. Das entschädigte sehr für die zuvor erlebten Strapazen und die etwas nervige Fahrt durch die verkehrsreiche westliche Peripherie Berlins. 

Hamburg, den 23.10.2016 / Stefan

Zeitfahren Hamburg – Berlin, 11. Oktober 2014

… aus der Perspektive von Lars A.:

Anfang Oktober fiel mir ein, dass in nächster Zeit ja noch etwas anstand – das Zeitfahren Hamburg Berlin, veranstaltet vom Audax Club Schleswig-Holstein. Meine nicht ganz optimale Vorbereitung bestand darin, dass ich seit Juni nicht mehr ernsthaft trainierte hatte und auch ansonsten maximal lustlos auf Rennrad-Gebolze war. Wir hatten uns aber Anfang August als ABC-Team angemeldet und in mir gärte alsbald das schlechte Gewissen. In Kombination mit dem guten Zureden der lieben Mitfahrer beschloss ich dann, doch auf die Strecke zu gehen (und eine bessere Zeit als im Vorjahr zu erzielen).

Im Vorfeld einigten wir uns darauf, dass wir nicht auf Gedeih und Verbrechen als Team zusammenbleiben wollten, sondern notfalls auch alleine nach Berlin fahren werden. Das klingt etwas herzlos, aber spätestens beim Apès-Ski beim Bier würden wir dann wieder unseren mehr als vorbildlichen Teamspirit demonstrieren können.

Die Anfahrt klappte dieses Jahr sehr gut, wir waren  sogar 20 Minuten vor unserem Start um 7.08 Uhr am Fährhaus Altengamme. Dort gab es noch ein Brötchen und ein Getränk und dann ging es auch schon auf die Reise. Es war noch dunkel und recht frisch, zwischendurch durchfuhren wir immer wieder Nebelfelder, die bisweilen einen hohen Waschküchen-Faktor aufwiesen. Zu uns gesellten sich noch zwei, drei weitere Fahrer und so kamen wir zügig voran. Irgendwann „erwischte“ es dann Olli, wir beratschlagten kurz und ließen ihn dann zurückfallen, in dem Wissen, dass hinter uns noch viele Fahrer und Gruppen unterwegs waren.

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In Dömitz machten wir an der Kontrollstelle kurz Pause und füllten unsere Flaschen auf. Rasch ging es dann weiter. Kurz danach rauschte ein Rennrad-Tandem an uns vorbei und Stefan hängte sich spontan rein, wir alle taten es ihm nach. Wir ballerten nun im Windschatten bei häufig über 40 km/h durch die nicht weiter beachtete Gegend und machten richtig Strecke. Nach einiger Zeit bog das Tandem links ab und der Spaß war auch schon wieder vorbei. Der „Spaß“ hatte mich allerdings einige Körner gekostet und leider musste ich feststellen, dass die Zahl der Körner bei mir nun sekündlich abnahm. Bei Kilometer 146 erwischte es mich dann. „Irgendjemand“ zog bei mir den Stecker, ich hatte auf einmal keine Kraft mehr in den Beinen. Unter dieser Voraussetzung war es dann eine Wohltat, mein Team von dannen ziehen zu sehen und mich mental auf die noch verbleibenden 130 Kilometer einzustellen. Mein Schnitt sank beträchtlich, doch nach einigen Minuten päppelte ich mich wieder auf und fuhr erst mit einem anderen „Gesprengten“ weiter.

Vor Havelberg fand ich Anschluss an eine Gruppe und so ging es wieder flotter voran. Eigentlich wollte ich in Havelberg Rast machen, aber wir durchfuhren den Ort und ich holte die Pause in Rhinow nach. Nach einem kurzen Aufenthalt und einem kleinen Klönschnack ging es zu dritt weiter. Aus drei wurden zwei und so fuhr ich mit Dieter Richtung Berlin, wir beide ohne Navigationsgerät und ohne besondere Ortskenntnisse. Beim Schild „Paulinenaue“ dachte ich noch kurz, dass mir das irgendwie bekannt vorkommt … wir fuhren aber dran vorbei und landeten prompt auf der B5, die ich eigentlich meiden wollten. Wo wir schon einmal da waren, fuhren wir halten dort weiter, flankiert von einer endlosen Kette von PKWs und LKWs. In Nauen überlegten wir kurz an der Abzweigung, wo es lang geht. Dann sahen wir auch schon einen Liegeradfahrer in der Ferne und fuhren rasch in seine Richtung. In Nauen herrschte wieder leichte Konfusion, wir mussten analog navigieren und griffen auf die alten Masche „wahllos Leute anquatschen“ zurück. Ein netter, schon leicht alkoholisierter Herr wies uns darauf hin, dass „die anderen Radfahrer daaa längs gefahren sind“. Das war doch einmal ein brauchbarer Hinweis. Also fuhren wir auch daaa längs. Vor uns tauchte der Liegeradfahrer wieder auf, dem wir anschließend möglichst dezent folgten und der uns den Weg nach Berlin zum Ziel wies. Jetzt fühlte ich mich wieder besser. Der Blick auf den Tacho offenbarte sogar, dass ich unter zehn Stunden bleiben könnte. Der Verkehr wurde immer dichter und einige Havelberger und Berliner Autofahrer zeigten, dass sie weder Anstand noch Abstand haben. Diverse Rotphasen nervten mich jetzt ganz schön, da die Uhr meines Tachos erbarmungslos runterlief … ich würde es doch nicht unter 10 schaffen, nun denn. Schließlich erreichten wir um genau 17.01 das Wassersportheim in Gatow und ich war positiv überrascht, denn meine Uhr ging rund 15 Minuten vor und so blieb ich doch unter zehn Stunden. Im Ziel traf ich Lars und Stefan, die weniger als neun Stunden gebraucht hatten. Olli trudelte auch wenig später ein und nach einer Stärkung machten wir uns auf in die Berliner Innenstadt.

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Nach einigen Irrungen und Wirrungen in der Parallelwelt der Berliner S-Bahn, über die wir hier einmal den Mantel des Schweigens hüllen, trafen wir uns in einer Kneipe beim Ostkreuz und konnten jetzt endlich zusammen Bier trinken. Das Team war wieder komplett und glücklicherweise sollte auch keiner im weiteren Verlauf des Abends und der Nacht mehr „platzen“, ganz im Gegensatz zum vorangegangenen „Zeitfahren“. Eine Überraschung gab es aber auch noch: In einer anderen Kneipe lag die aktuelle READ aus, die ja einen Artikel über den ABC enthält, was zu großen Augen und offenen Mündern führte.

Noch einmal zum Sportlichen: Beim nächsten Mal melden wir vielleicht mehrere ABC-Teams an. Ich lasse mich gerne schon einmal für ABC III vormerken.

Vielen Dank an die Organisatorinnen und Organisatoren vom Audax-Club Schleswig-Holstein und die vielen Helferinnen und Helfer! Wir kommen gerne wieder, fürchte ich.  

Die Ergebnisse finden sich hier. (Eine Zeitstrafe für das Zurücklassen von Teammitgliedern, bzw. für die Unfähigkeit, ähem, von einigen Teammitgliedern im lauschigen Windschatten ihgrer Vordermänner zu bleiben, kriegen wir laut der Regeln noch aufgedrückt).

***

Das Zeitfahren Hamburg - Berlin …

… aus der Perspektive von Lars B.:

Dieses frühe Aufstehen liegt mir eigentlich nicht so. Auch diesmal, es war 5 Uhr - eigentlich viel zu spät - würde es wieder hektisch werden, nur um nicht die 4 auf der Uhr zu sehen. Ab in die Bahn bis Bergedorf und von dort 10 km warm fahren. In Altengamme war großer Trubel und es gab eine Schlange bei der Anmeldung. So musste das zweite Frühstück deutlich kürzer ausfallen.

Vom Start weg fuhren wir mit mäßigen Tempo los. Bald kamen zwei Brüder in unsere Gruppe und zusammen nahmen wir Fahrt auf. Das gefiel mir schon besser…

Leider mussten einige diesem hohen Tempo Tribut zollen. So auch unser Präsi, der nach 60 km dem Tempo nicht mehr folgen konnte und wollte. Nach einigem hin und her ließen wir ihn zurück, wussten wir doch das Olli schon so einige Langstrecken gefahren ist und weiß, in welchem Tempo er fahren muss.

Nach der Kontrolle und der tollen Verpflegung in Dömitz holte uns ein Pärchen auf einem Tandem ein. Die nächsten 25 km boten sie uns bei hohem Tempo Windschatten. Trotz des leichten Gegenwindes waren es immer so um die 40 km/h.

Ich war dennoch froh, als sie irgendwann einen anderen Weg einschlugen. So sank unser Tempo zwar nur um wenige km/h, trotzdem fühlte sich das schon etwas entspannter an.

Nach 150 km fiel dann auch Lars A. aus unserer Gruppe heraus. Auch bei ihm wusste ich, dass er es bis Berlin schaffen wird. Und sicher nicht erst heute Abend.

Zweite Verpflegung in Havelsberg. Leider ist die Tanke ziemlich voll und es dauert bis wir an der Reihe sind. Belegte Brötchen und Kaffee, und Wasser und Eistee für unterwegs. Diese Pause hätte kürzer ausfallen können.

Dann die ersten Tropfen. Der für die Region vorhergesagte Dauerregen streifte uns jedoch nur mit einigen Schauern. Jedoch waren die Straßen teils pitschnass und besonders ein verdreckter Radweg besprenkelte uns so dermaßen, das wir im Ziel aussahen wie nach Paris-Roubaix bei Dauerregen.

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Bei einer Pinkelpause 80 km vor dem Ziel kam ein Einzelstarter zu uns, der morgens auch schon in unserer Gruppe gewesen war, aber aufgrund eines platten Reifens zurückfiel. Langsam näherten wir uns Berlin. Immer noch wenig Autoverkehr und viel grüne Natur. Sollte etwa die Strecke länger sein als die angegeben 275 km? Stadtgrenze Berlin. Jetzt sind es nur noch wenige km. Einige Ampeln bremsen uns immer wieder aus. Dann tatsächlich das Ziel nach 275 km.

16:04 Uhr. Weniger als 9 Stunden. Und das obwohl die beiden Pausen sehr lang waren.

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Suppe, Würstchen und Dusche warm, Getränke kalt. So hatte ich es mir unterwegs gewünscht.

Lars A. und kurz nach ihm Olli kamen dann auch, so dass wir dann gemeinsam zu unserer Übernachtungsmöglichkeit fuhren. Bei dem anschließend Kneipenbummel haben wir den ABC ebenfalls gut vertreten. Auch hier war das Tempo recht ordentlich, was aber nicht zu einer verfrühten Heimkehr führte. Nach fast 24 Stunden auf den Beinen fiel ich endlich in Schlaf.

***

Das Zeitfahren Hamburg-Berlin …

… aus der Perspektive von Stefan:

Der Wecker klingelte um 04:50 Uhr. Das war aber unerheblich, da ich eh schon seit Stunden wach lag. Der vorherige Abend hatte etwas gegen einen erholsamen Schlaf einzuwenden. Aufgrund von frühabendlichem auswärtigen Besuch kam ich über die Zubereitung eines Abendmahles hinweg.

Als ich dann gegen 23:30 doch plötzlich Hunger verspürte, ging es noch zu einem anatolischen Spezialitätengeschäft und ich schlug mir den Bauch voll.

Mit gehörigem Völlegefühl ging es dann weit nach Mitternacht in die Waagerechte. Die Müdigkeit ließ mich schnell entschlafen, jedoch war der Schlaf nicht von langer Dauer.

Um 02:30 war ich wieder wach und ab da war an Schlaf nicht mehr zu denken. Also döste ich bis zum klingeln vor mich hin und machte mir Gedanken darüber, ob Schlafentzug sich wohl leistungsfördernd aufs Langstreckenfahren auswirken möge?

Anyway, ich traf die Jungs beim Start, da die Anreisemittel verschiedene waren und so ging es dann mit nicht ganz so frischem Mute um 07:08 Uhr auf die Strecke.

Das Dunkel der Nacht weichte schnell dem Grauen des Morgens. Recht pittoresk hingen tief liegende Nebelfelder über den Wiesen und Äckern. Einem an Herbstklischees interessierten Landschaftsfotografen wäre sicherlich das Herz aufgegangen. Sofort nach dem Start erhielten wir Gesellschaft von einigen mit Zeitfahrlenker ausgestatteten Teilnehmern. So fuhren wir mit ca. 9 Leuten nach Querung der Elbe gen Osten.

Die Fahrt nach Dömitz wurde in recht gemütlicher Fahrt in Zweierreihe bestritten. Weil es der Norddeutsche jedoch nicht anders kennt, wird auch bei Hügeln oder bei z. B. plötzlich nach Kurven auftretendem Gegenwind versucht, das Tempo aufrecht zu erhalten. Dieser Tatsache fiel leider Olli zum Opfer, denn in der Gegend um Hitzacker wurde die eine oder andere Steigung erklommen, an denen Olli ob seiner Körpergröße etwas zu kämpfen hatte. Wir hatten uns für den Fall einer akuten Unpässlichkeit bereits vorher darauf verständigt, dass wir nicht aufeinander warten wollten und trotzdem konnten wir uns nicht recht entschließen, die Gruppe auseinander reißen zu lassen. Letztlich trennten wir uns aber dann doch und mit gehörigen Gewissensbissen machten wir uns im Nebel auf und davon. Einzig die Tatsache, dass Olli ein Randonneur vor dem Herrn ist und ihn auf dem Rad überhaupt nichts klein kriegen kann, beruhigte mein katholisches Gemüt etwas. Etwas später erreichten wir dann Dömitz, wo wir kurz Essen und Trinken fassten.

Gerade als unsere Gruppe wieder losrollte, überholte uns ein Tandem. Ich führte zufälligerweise gerade und entschloss mich, die Gruppe an das Tandem heranzufahren. Ich konnte ja nicht ahnen, dass das Tandem ein Tempo anschlug, welches sonst nur bei Kriterien oder Jedermannrennen gefahren wird. So hatten wir auf einmal Cyclassics – Speed drauf und ich hoffte mal, dass das für alle Beteiligten in Ordnung ging. Wir fuhren vielleicht 20 Kilometer hinter dem Tandem her. Erst dachte ich noch, man müsste die da vorne vielleicht mal ablösen, aber das schien glücklicherweise weder gewollt noch notwendig zu sein. An einer Kreuzung zog das Tandem nach links weg, auf meinem Track war allerdings der Weg geradeaus der richtige. So ließen wir das Tandem ziehen und das Tempo nahm wieder moderatere Züge an.

Schon eindrücklich, welche Geschwindigkeitsvorteile ein solches Tandem zu bieten hat. Für mich wäre das trotzdem nichts, denn irgendwie bin ich auf dem Rad dann doch lieber mein eigener Herr.

Nach etwa 150 km kam es zu einer weiteren Spaltung unserer Gruppe, der leider auch Lars A. zum Opfer fiel. Da wir gerade an unterschiedlichen Positionen fuhren und sich die Teilung nicht ankündigte, hatte ich von dieser Tatsache zuerst gar keine Notiz genommen. Erst als wir uns an einer Kreuzung verfahren hatten und Lars A. uns nach der Umkehr entgegen kam, war klar, dass sich die Mitstreiter des ABC scheinbar in einem Team-internen Ausscheidungsrennen befanden. Um Lars A. machten Lars B. und ich uns allerdings auch keine Sorgen, denn auch er ist aus einem besonderen Randonneur-Holz geschnitzt.

Nach etwa 170 km machten wir in Havelberg an einer Tanke Rast. Bei meinen Starts in den beiden vorangegangenen Jahren hatte ich in diesem Ort jeweils an einem Supermarkt mit angeschlossener Bäckerei gehalten. Das wäre in der Rückschau wohl auch die bessere Alternative gewesen, denn dann hätten wir nicht ewig in der Schlange gestanden und die Auswahl an Essbarem wäre wohl auch größer gewesen. Falls es ein nächstes mal gibt, werde ich meine potenziellen Mitstreiter dann von der Supermarkt-Alternative hoffentlich zu überzeugen wissen.

Die Pause war auf jeden Fall bitter nötig, denn ich fühlte mich schon reichlich müde jetzt. Zum Glück hatte der Wind ein Einsehen mit uns, denn es fiel ab der Pause deutlich leichter, die Geschwindigkeit in der Führung aufrecht zu erhalten. Wir hatten überhaupt eine Supertruppe zusammen und insbesondere zwei aus Wolfsburg stammende junge Brüder mit Zeitfahraufsatz zogen ordentlich am Horn.

Nach den Erfahrungen mit Olli und Lars A. nahm ich Lars B. argwöhnisch ins Visier. Mir war aufgefallen, dass er vor den jeweiligen Gruppentrennungen besonders engagiert in die Pedale getreten hatte und ich hegte den Verdacht, dass er auch noch den Rest der Gruppe inklusive mir abschütteln wollte. So reihte ich mich also nach der Führungsarbeit immer wieder an seinem Hinterrad ein, damit er keinen plötzlichen Ausreißversuch starten konnte. Da Lars B. mit allen Wassern gewaschen ist, versuchte er auf besonders gemeine Weise, mich los zu werden. Er durchfuhr jede größere Pfütze und jedes Schlammloch zwischen Rhinow und Falkenhagen und bald sah ich aus wie nach einer Crosseinlage. Aber damit konnte Lars B. mich nicht einschüchtern. Ich tat meinen Teil dazu bei, dass auch er mit ordentlich Kruste versehen wurde.

So fuhren wir mit ordentlich Zug auf der Kette Berlin entgegen und die Kilometer flogen nur so vorbei. Regelmäßig freute ich mich über die geraden Hausnummern in der zurückgelegten Distanz.

200 KM, 250 KM, 260 KM…! Die Einfahrt in die Berliner Peripherie war etwas nervig aber kein Vergleich zu den Vorjahren. Bisher war ich über die B5 in die Stadt eingefallen, diesmal etwas weiter nördlich auf, im Vergleich zur B5, geradezu einsame Sträßchen. Die letzten 10 km zogen sich dann noch ganz schön, aber Lars B. schaffte es nicht mehr, einen Solosieg herauszufahren und so kamen wir zeitgleich beim Wassersportheim an und freuten uns alle gemeinsam über die zurückgelegte Distanz und den sportlichen Schnitt.

Nach Genuss von leckerem Eintopf und einer heißen Dusche ging es dann zum gemütlichen Teil über und nach Eintreffen von Lars A. und Olli machten wir uns bald auf, das Nachtleben von Berlin zu entern. Das war aufgrund der zu überbrückenden Distanzen, einem Plattfuß, dem wegen Baustellen eingerichteten S-Bahn-Pendelverkehr und darüber hinaus ahnungslosen Hamburger Provinzlern schwieriger als gedacht. Aber späterhin wurde dann doch noch gemütlich bei mehreren Bierchen angestoßen und das Schlafdefizit machte sich glücklicherweise erst beim zu Bett gehen bemerkbar.

***

Fotos (bis auf das letzte): Burkhard Sielaff (weitere Fotos finden sich hier)

Hamburg, den 17.10.2014 / Lars A.

ZEITFAHREN HAMBURG – BERLIN, 12. Oktober 2013

Wie oft war „man“ schon in Berlin und ist die Strecke von Hamburg und zurück mit der Bahn oder dem Auto gefahren? Ich habe es nicht aufgeschrieben und weiß es deshalb nicht. Mit dem Rad habe ich mich jedenfalls noch nie in die Hauptstadt aufgemacht. So war es für mich im Frühjahr 2013 irgendwann einigermaßen klar, dass ich bei dem „Zeitfahren“ Hamburg – Berlin vom Audax Club Schleswig-Holstein mitfahren möchte. „Zeitfahren“ in Anführungszeichen, weil zwar die Zeit gestoppt wird, aber die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Start nicht in hautengen Einteilern von einer Rampe herunterrollen und 99,5 Prozent auch keine Zeitfahrhelme tragen. Das Starterfeld mit knapp über 300 Fahrern verteilt sich auf Brevet-Fahrer und ambitioniertere Rennradfahrer, die das Ganze sportlich angehen. Die Strecke ist frei wählbar, nur die Elbbrücken bei Geesthacht und Dömitz müssen überquert werden. Die Veranstaltung – einige nennen es sogar „Event“ – fand 2013 zum 13. Mal statt; am Anfang stand wohl eine Schnapsidee von einigen, zu einer Radsportveranstaltung in Berlin von Hamburg aus mit dem Fahrrad anzureisen. Man sieht also, aus Schnapsideen können innerhalb einiger Jahre Traditionsveranstaltungen werden …

Olli meinte irgendwann, dass er gerne dabei sein möchte. Wir wollten erst auf klassischen Rädern fahren, am Besten auf stählernen Eingangrädern, um so richtig auf dicke (Klassiker-)Hose zu machen. Zum Glück haben wir uns dann aber von der Idee verabschiedet, denn das wäre unser sicherer „Heldentod“ geworden, zwar sehr stil- aber eben auch sehr qualvoll. Sebastian sagte auch zu, der eine oder andere überlegte ebenfalls, Lars B. konnte leider zeitlich nicht, was sehr schade war, hätten wir ihn als „Zugmaschine“ doch gut gebrauchen können. Kurz vor dem Termin konnte Stefan noch nachrücken. So bestand das Team vom Altonaer Bicycle-Club von 1869/80 aus Olli, Sebastian, Stefan und meiner Wenigkeit.

Die Wetterprognosen sahen richtig finster aus. Einige Tage vorher zeichnete sich bereits ab, dass wir bei Dauerregen und Gegenwind bei Windstärke drei die Strecke bewältigen „dürfen“. Das Tief „Xenon“ wütete, wie wir alsbald höchstpersönlich erfahren durften. Von den über 300 gemeldeten Startern erschienen dann auch nur 227; einige hatten es sich wohl anders überlegt, aus welchen Gründen auch immer, aber Xenon sollte uns nicht in die Knie zwingen, oder genauer: in den Betten lassen, da waren wir uns einig. (Xenon ist übrigens ein 1898 entdecktes Edelgas, das eine narkotische Wirkung hat – sollten wir auch bei unserer Fahrt narkotisiert werden …?)

Mit Absprachen, Trainingsplänen und Strategiefragen haben wir uns im Vorfeld nicht groß belastet. Olli und ich machten eine grobe Route und schrieben ein paar Namen von Ortschaften entlang der Elbe auf Papier. Stefan verfügte – zum Glück … – über ein Navi (ohne das wir zwar keinen Heldentod gestorben wären, aber bei der Anfahrt nach Berlin vermutlich auf irgendeinem Parkplatz von irgendeinem Supermarkt oder einer Resterampe hätten notcampieren müssen …).

Die Anfahrt per Rad ab Bergedorf zum Start am Fährhaus Altengamme ging schon einmal richtig gut los. Auf einmal standen wir vorm Zollenspieker Fährhaus – allgemeine große Verwirrung. Links, rechts, hä? … Fährhaus? „Irgendwas stimmt hier nich’“, sagte uns eine immer lauter werdende innere Stimme. Tja, mal kurz verfahren und das um 6.00 Uhr morgens, im Dunkeln und bei Regen – anstatt zehn Kilometer Anreise vom Bahnhof dann `mal eben so rund 25. „Nütscha nix“, wie der Franzose zu sagen pflegt. Es hatte aber schließlich auch einige Vorteile, so waren wir schlagartig etwas wacher und konnten uns schön warmfahren. Also schnell den Deich runter und schon einmal ein Feeling für den Gegenwind kriegen.

„Pünktlich“ kamen wir dann genau zwei Minuten vor unserem terminierten Start um 6:52 Uhr an. Die taktische Besprechung musste deshalb ausfallen – wie alles eigentlich. Dabei war im Fährhaus Frühstück für uns angerichtet … Ich hatte ja aber ein paar leckere Gels und schmackhafte Räuchertofu-Sandwiches (ja doch, glaubt mir bitte …) dabei, weshalb mir das eigentlich egal war.

Um 7.00 Uhr ging das ABC-Team dann auf die Strecke. Es regnete leicht und schnell fanden sich mehrere Fahrer zusammen, mit denen wir eine Gruppe bilden konnten. Bei Geesthacht fuhren wir über die Elbbrücke. Von hinten kamen dann irgendwann ein paar schnelle Jungs und die Gruppe zog etwas an. So fuhren wir im Pulk von ca. 15 Leuten nach einiger Zeit durch heftigen Regen, der immer stärker wurde und sich zu einem wahrhaftigen Starkregen mauserte; es wurde ordentlich, es wurde richtig nass. Wasser von oben und vom Hinterreifen des Vordermannes. Wasser überall. Zum Glück hatte ich mir noch ein „Schutzblech“ aus einer Spiritus-Plasktikflasche „montiert“, was zudem die heiße Optik meines Renners unterstrich.

Wir kamen trotz des bescheidenen Wetters und des konstanten Gegenwindes – der unser treuer Begleiter bleiben sollte – gut voran und machten ordentlich Kilometer. Irgendwann zeichnete es sich dann aber ab, dass die Geschwindigkeit für uns als Team zu hoch war. So mussten einige von uns immer mal wieder abreißen lassen. Wir hatten eine Zeit lang Mühe, ein gemeinsames Tempo zu finden und vor allem über einen längeren Zeitraum zu fahren. Wir waren jedoch als Team angemeldet und wir würden deshalb auch als Team in Berlin ankommen, so war jedoch unser und so war auch mein Standpunkt.

Vor Dömitz fuhren wir auf kleinen, sehr verdreckten Straßen – die Räder sahen aus wie nach einer Schlammschlacht. In Dömitz ging über die Elbe rüber und „um die Ecke“. Hier erreichten wir nach rund 95 Kilometern die erste und einzige Kontrollstelle. Es gab Verpflegung in Form von Wurst- und Käsebrötchen, Müsliriegel, usw. Wasser konnte aufgefüllt und gelassen werden. Wir nutzen die kurze Pause, um uns etwas abzusprechen. Allgemeiner Tenor war, dass wir gleichmäßiger fahren sollten und besser den Windschatten untereinander ausnützen sollten. So war der „Plan“. Wir hatten zwar vorher schon so manches Mal über Fahrräder und Rad fahren ausgiebig diskutiert und philosophiert, aber so „richtig“ zusammen gefahren waren wir bis dato noch nicht.

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Kontroll- und Verpflegungsstelle in Dömitz (Foto: Burkhard Sielaff)

Wir fuhren wir dann bald weiter, um nicht zu sehr abzukühlen. Entlang der Elbe fuhren wir auf einer längeren Deichpassage, die recht eng war, und fanden vorher wieder eine größere Gruppe. Der Regen hörte endlich auf, zu unser großen Überraschung, sagten die Prognosen doch eigentlich Dauerregen voraus. Nach einiger Zeit mussten wir die Gruppe aber wieder ziehen lassen und als Team unsere Geschwindigkeit finden.

Über Wittenberge und Bad Wilsnack pedalierten wir dann Richtung Havelberg. Auf dieser Strecke hatten wir ordentlich Gegenwind und die Region wird von vielen Teilnehmern wegen ihrer Monotonie auf den langen und geraden Alleen nicht unbedingt geliebt. Da ich aber Monotonie durchaus etwas abgewinnen kann, war das nicht wirklich mein Problem.

Unsere Kräfte ließen allmählich etwas nach und in Havelberg machten wir in einem Supermarkt-Café erstmals eine längere Pause von ca. 15 Minuten. Der Kaffee und der Kuchen, die heiße Schokolade taten uns allen ziemlich gut. Zwar war es nicht kalt, aber der ewige Gegenwind zehrte doch recht stark an irgendetwas, nennen wir es Nerven. Wir hatten jetzt einen Großteil der Strecke hinter uns gebracht und waren (mit Pausen) ziemlich genau sieben Stunden unterwegs. Im Supermarkt kauften wir noch Wasser, Apfelsaft und Eistee und wir schwangen uns wieder auf die Räder.

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Verschnaufpause und Verköstigung beim Bäcker in Havelberg!

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Wo der ABC auch ist – nur strahlende Gesichter!

Über Rhinow und Friesack näherten wir uns Berlin. Ich weiß noch genau, dass bei mir bei 197 Kilometern ein kleines „High“ einsetzte. Es machte mir auf einmal noch ein bisschen mehr Spaß zu fahren, gleichmäßig zu treten, den Gegenwind, ähm, „wegzudrücken“ und den wetterbedingten Widrigkeiten zu trotzen. (Hatte mich Xenon etwa narkotisiert?)

Wir trafen jetzt nur noch wenige Zeitfahrer auf der im wahrsten Sinne des Wortes offenen Strecke. Ein Zweiergrüppchen, ein Fahrer und eine Fahrerin, mit der ich auch lange in einer Gruppe beim 400er-Brevet im April 2013 zusammen gefahren bin, holten wir ein und schlossen uns mit ihnen zusammen.

Es zog sich jetzt doch „ein wenig“. Bei Nauen erreichten wir die Bundesstraße 5, die uns nach Berlin bringen sollte (was noch so ca. 60 Kilometer entfernt lag). Wir fuhren brav den Radweg, schließlich wurde die B5 irgendwann zur Kraftfahrstraße und war nicht mehr für Radfahrer freigegeben. Die Radwege waren anstrengend zu fahren, da sie eng waren (und wir uns deshalb nicht mehr so gut gegenseitig vor dem Wind schützen konnten). Zudem waren die Wege immer wieder voller Laub und niemand weiß, was darunter liegt. Es dämmerte jetzt, im Hellen würden wir es nicht mehr schaffen. Zudem verfuhren wir uns trotz Navi und landeten einmal vor einer Einfahrt auf ein Fabrikgelände (oder was das war). Noch einmal irgendwo anhalten. Die letzte Verpflegung herauskramen, etwas Schokolade … und weiter.

Irgendwann bogen wir um eine Ecke und erreichten kurz danach die Berliner Stadtgrenze. Der Berliner Bär begrüßte uns, wir freuten uns, dass wir es bis nach Berlin geschafft hatten. Die letzten Kilometer waren dann aber noch unangenehm, da wir im Dunkeln und bei wieder einsetzendem Regen auf den engen Radwegen vorsichtig rollten. Über die Hauptverkehrsstraße, aus einer geöffneten Heckklappe klatschen uns zwei Leute zu, weit kann es nicht mehr sein. Und tatsächlich: auf der rechten Seite lag es dann, das Horst Kober Sportzentrum, das Ziel (unserer Träume). Runter von den Rädern und ein bisschen umarmen. Wir checkten dann genau um 19:03 Uhr ein brauchten damit ziemlich genau zwölf Stunden inklusive Pausen von Hamburg nach Berlin. Kein neuer Weltrekord, das müssen wir an dieser Stelle zugeben, aber wir waren froh, es unter den erwähnten Umständen gemeinsam geschafft zu haben. Die Tomaten- und Gulaschsuppe tat gut, das Bier schmeckte trotz Plastikbechern hervorragend und wir konnten endlich Ollis Geburtstag gebührend feiern.

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We made it! Kurz nach 19.00 Uhr im Horst Kober Sportzentrum in Berlin.

Bis 21.00 Uhr blieben wir dort machten uns dann frisch geduscht in die Stadt auf. Als wir nach der Ankunft aus unserer privaten Unterkunft in der Kastanienallee vor die Tür traten, goss es wie aus Kübeln. Wir konnten kaum zehn Meter gehen, so stark schüttete es. Zu dritt gingen wir in der Nähe etwas essen (Stefan wurde abgeholt und hatte sich recht bald auf die Heimreise nach Hamburg gemacht). Nach dem Essen herrschte dann allgemeine Müdigkeit. Der ein oder andere soll sich aber noch ins Berliner Nachtleben gestürzt haben …

Hamburg – Berlin. Wir haben es nach rund 280 Kilometern geschafft! Es war eine wirklich sehr gut organisierte Veranstaltung, vielen Dank dafür noch einmal an das Team vom Audax Club Schleswig-Holstein!

Dass das Wetter durchaus Humor haben kann, erfuhren wir dann am folgenden Sonntag. Es herrschte bestes Herbstwetter, die Sonne strahlte und es wehte kaum ein Wind – das wären geradezu ideale Bedingungen für Hamburg – Berlin gewesen. Wir konnten bei unser Rückfahrt mit der Regionalbahn die Fahrt vom Vortag noch einmal Revue passieren lassen, zumal wir in einigen Städten und Ortschaften hielten, die wir mit dem Rad am Vortag in die andere Richtung durchquert hatten.

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Auf dem Rückweg in der Bahn

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Die Spuren der Schlamm-„Schlacht“

Der Altonaer Bicycle-Club wird sicherlich nicht das letzte Mal bei „Hamburg – Berlin“ an den Start gegangen sein und bei zukünftigen Austragungen wieder dabei sein und seine „Visitenkarte“ abgeben …

Hamburg, 9. April 2014 / Lars

(Eine erste Fassung des Berichts stammt vom 17. Oktober 2013).

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