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Unter Geiern

Um 9 Uhr morgens machte ich mich am vergangenen Sonntag vom Orte meiner alten Heimat im Südoldenburger Land wohl genährt auf den Weg Richtung Hamburg. Mein Routenplan sah hierfür vor, sich südlich von Bremen Richtung Osten zu kämpfen, vor Verden dann nordwärts zu schwenken, die Weser zu queren und auf Nebenpfaden Richtung Hamburg zu fahren, um in Neu Wulmstorf die S-Bahn zu besteigen. Bei guten Beinen wäre dann vielleicht sogar noch die Tour bis zur Elbfähre in Finkenwerder oder gar durch den Hafen und den alten Elbtunnel drin.

Die Optionen B und C verwarf ich jedoch recht schnell, da der aus Nordost und somit weitgehend von vorne kommende Wind etwas gegen ein flüssiges Fortkommen einzuwenden hatte.

Es war bereits am frühen Morgen angenehm warm, so dass ich mich recht bald meines Langarmtrikots entledigte und selbiges in der Satteltasche verstaute. Da es sonntags früh in dem ausschließlich ländlich geprägten Weser – Ems – Gebiet praktisch gar keinen Autoverkehr gibt, überholte mich bis KM 22 handgezählt exakt ein (in Zahlen: 1) Auto. Bei der Ortsdurchfahrt durch Twistringen war dann kurzzeitig „rush-hour“, direkt danach wurde es dann wieder ruhig. Nun ja, bis auf den Autofahrer, der wild hupend an mir vorbeifuhr. Er war wohl gerade mit Reviermarkierungsarbeiten beschäftigt. Kennt man ja. Über diesen Heini konnte ich jedoch nur müde lächeln.

So fuhr ich denn nun meiner Wege bis ich plötzlich sehr unsanft aus meinen Gedanken gerissen wurde. Ich spürte auf einmal einen Schlag und einige unsanfte Kratzversuche an meinem Kopf. Das kam jetzt wirklich aus heiterem Himmel und ich schaute mich erschrocken um. Da sah ich dann schon den Übeltäter. Ein Greifvogel mit ziemlich beeindruckender Spannweite schwebte unheilvoll über meinem Haupt. Ich verdeutlichte dem Geier per Handzeichen und unter Abgesang von schmutzigen Liedern, dass ich von solch plumpen Annäherungsversuchen nicht viel halte und weder eine seltsam langsam fliegende Gans noch sonstiges zum Verzehr geeignetes Getier darstelle.

Ich habe mich dann schnell aus der Gefahrenzone entfernt und der Sturzpilot beließ es bei seiner einmaligen Attacke. Bis auf einige Kratzer habe ich zum Glück nichts weiter abbekommen.

Eine Recherche nach meiner Ankunft zu Hause legt die Vermutung nahe, dass es sich bei dem Draufgänger um einen Bussard gehandelt hat, der seine Brut verteidigen wollte. Sicherheitshalber habe ich mich dann am Abend nach dem noch größeren Aufreger - der knapp gehaltenen Klasse des HSV - in der Notfallambulanz gegen Wundstarrkrampf impfen lassen. Dazu wurden dann noch die Kratzer desinfiziert. Den gestandenen Mitarbeitern vor Ort war nach Erläuterung der Sachlage ein solches Kuriosum auch noch nicht untergekommen und sorgte für erstaunte Gesichter. Der gemeine Stadtmensch lässt sich halt lieber von seinesgleichen aufhübschen als von einem dahergeflogenen Vogel…

Das ganze widerfuhr mir nach ca. 50 km Fahrt kurz hinter der Ortschaft Uenzen. Also falls mal jemand von Euch da durch kommt: Kopf einziehen!

Nach dem das Adrenalin verflogen war, näherte ich mich auch schon der Weser. Bis zu diesem Punkt hatten mich keine 10 Autos überholt. Somit lässt sich für diese Gegend wirklich das Prädikat „traumhaftes Rennradrevier“ auf gut rollendem, weitgehend intaktem Straßenbelag postulieren. Nach der Überquerung der Weser nahm der Verkehr etwas zu. Ich machte Rast an einer Tankstelle, die ziemlich genau bei der Hälfte der Gesamtdistanz für willkommene Erfrischung sorgte. Ein Müsliriegel später und mit vollen Trinkflaschen machte ich mich wieder auf den Weg.

Da ich zuvor größtenteils in östlicher Richtung unterwegs war, hatte ich mehr oder weniger beständigen Seitenwind gehabt. Mit der Weserquerung kam der Wind nunmehr jedoch unbarmherzig von vorne. Aber noch fühlte ich mich ganz munter und da ich mich nur sporadisch mit einem Blick auf das Tacho über die zurückgelegte Distanz informierte, konnte mich die nun sinkende Fahrt-Geschwindigkeit nicht demoralisieren.

Wie eingangs erwähnt war es ein schöner, sonniger Tag. Dieses blieb auch so, bis es sich zwischen Gyhum und Elsdorf bei Kilometer 120 zuzog. Der Wind frischte auf, es wurde merklich kühler und mir wurde klar, dass es hinten raus wohl noch mühevoll werden würde. Und so kam es auch. Das Fortkommen wurde immer beschwerlicher und die letzten 25 km zogen sich schließlich wie Kaugummi. Hinzu kamen dann noch die in dieser Gegend befindlichen leichten Anstiege, über die man für gewöhnlich einfach „drüberdrückt“, aber bei Gegenwind und im leicht angeschlagenen Zustand war mir das nicht mehr möglich. Also hieß es jetzt beißen und die Sache mit Anstand beenden.

Als ich endlich die B73 erreichte und auf den Radweg parallel zur Straße einbog (eine der ganz wenigen Passagen, auf der man überhaupt einen Radweg benutzen musste), war mir klar, dass ich es geschafft hatte. Da konnten mir auch der üble Verkehr auf der Straße und die unschöne Kulisse beidseits der Straße mein Hochgefühl nicht verleiden. Müde aber gut zufrieden bestieg ich nach 165 km die S-Bahn in Neu-Wulmstorf und ließ mich in die Innenstadt chauffieren. Für die Strecke bis Finkenwerder oder durch den Hafen fehlten mir einfach schon die Körner und die Nerven…

Hamburg, den 20. Mai 2014 / Stefan H.

400km-Brevet der ARA Hamburg, 17. Mai 2014

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Gestern fand der 400km-Brevet der Audax Randonneurs Allemagne (ARA) in Hamburg statt - und es waren traumhafte Bedingungen. Morgens beim Start um 7.00 Uhr war es noch etwas kalt als sich die ca. 50 Starter (darunter Lars B. und ich) auf den Weg machten. Durch die Vierlande ging es zur Elbe und dann nach Mölln, dem ersten Kontrollpunkt. Die Sonne kam allmählich zum Vorschein und es bildete sich eine größere Gruppe von 15 Fahrern, in die auch ich mich einklinkte und die bis zum Schluss zusammenblieb.

In Zarrentin liefen wir den zweiten Kontrollpunkt an, dann ging es wieder in Richtung Elbe, die wir bei Bleckede mit der Fähre überquerten. Entlang der Elbe fuhren wir nach Neu Darchau, durch Uelzen und weiter in Richtung Süden. In Hankensbüttel machten wir dann eine Pause und gönnten uns ein warmes Essen, für mich gab es gebratene Nudeln mit Tofu - die Portionen waren löblicherweise für hungrige Taxifahrer und/oder Radfahrer konzipiert

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Wir folgten der Route und fuhren in Richtung Westen. In Bergen und Bispingen lagen die nächsten Kontrollstationen. So langsam kam Abendstimmung auf und es war ein Erlebnis durch die friedliche und schöne Landschaft zu fahren. Letzter Kontrollpunkt war Radbruch, wo zum Glück nichts zu Bruch ging, sondern die dort deponierte Kontrollzange von uns eigenmächtig bedient werden musste.

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Dann hieß es: zurück nach Hamburg. Es war jetzt dunkel und die umliegenden Felder strömten eine für mich unangenehme Kälte aus. In Geesthacht überquerten wir wieder die Elbe und abermals ging es durch die Vierlande zurück nach Hamburg-Rothenburgsort. Um 23.40 Uhr trafen wir schließlich im Ziel ein.

Heute merke ich noch immer die Sonne des gestrigen Tages im Gesicht. Es war ein rundum toller Tag, den ich fast vollständig auf dem Rad verbringen durfte. Vielen Dank den Organisatoren Claus und Hanno für die schöne Strecke, die zumeist auf ruhigen und verkehrsarmen Wegen verlief. Das ideale Wetter und die harmonische und gesellige Gruppe machten den gestrigen Brevet dann perfekt.

Hamburg, den 18. Mai 2014 / Lars

Von Hamburg auf dem Rennrade nordwärts

Lars B. hatte bereits seit längerer Zeit geplant, am gestrigen Freitag (25. April) von Hamburg nach Esbjerg zu fahren, um dort anschließend mit der Familie einen einwöchigen Urlaub zu verbringen. Recht spontan entschloss ich mich, ihn zu begleiten und zumindest bis zur dänischen Grenze mitzukommen.

Um 5.30 fuhren wir in Altona los und froren die ersten Stunden doch ziemlich, da es sehr diesig war und die Sonne bis um 9.00 Uhr keinerlei Wärme verbreiten wollte. Wir kamen dennoch gut voran, auch wenn der einsetzende Berufsverkehr im Kreis Pinneberg recht anstrengend war. Über Elmshorn fuhren wir an Itzehoe vorbei und in Heiligenstedten kam erstmals ein Hauch von Urlaubsgefühl auf. Schließlich war Heiligenstedten „Schönes Dorf“ 1984, 1994 und 2004. Eine ganz vage Vermutung habe ich, welches Dorf diese schmückende Auszeichnung in diesem Jahr erlangen wird …

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Heiligenstedten

Die Straßen waren jetzt deutlich leerer und wir steuerten Wacken an, wieso weiß ich aber auch nicht so genau.

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Leichtes Aluminium im Heavy Metal Village

Bei Hohenhörn überquerten wir den Nord-Ostsee-Kanal und machten an einem Supermarkt in Albersdorf die erste Rast. Es war jetzt gegen 9.00 Uhr, wir hatten bereits 100 Kilometer hinter uns gebracht und die Sonnenstrahlen fingen endlich an zu wärmen.

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Kanalfähre Hohenhörn

Weiter nordwärts ging es Richtung Friedrichstadt, wo wir am Marktplatz ebenfalls eine kurze Pause einlegten. Nach 150 Kilometern bekam ich dann aber ziemlich schwere Beine, wir hatten zwar Ostwind, mussten aber immer wieder einmal in den Gegenwind hineinfahren. Wir durchquerten Husum und hinter Bredstedt meinte ich zu Lars, er solle besser ohne mich weiterfahren, um nicht zu viel Zeit zu verlieren, schließlich hatte er noch rund 150 Kilometer vor sich. Ich machte erst einmal ein kurzes Nickerchen auf dem vermutlich größten Löwenzahnfeld nördlich von Bologna.

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Löwenzahn-Overkill bei Bredstedt

Danach fuhr ich dann alleine, vergleichsweise „sutje“ weiter und genoss die schöne Landschaft in der deutsch-dänischen Grenzregion hinter Niebüll.

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Kurz vor der dänischen Grenze

Über Klanxbüll ging es zur Grenze und dann nach Højer, das ich vor einigen Jahren auf einer Dänemark-Tour durchquert hatte. Es war ein tolles Gefühl, am frühen morgen in Hamburg gestartet zu sein und jetzt, am späten Nachmittag in Dänemark zu sein. Kurz überlegte ich noch weiter nördlich zu fahren und mir dann irgendwo eine Unterkunft zu suchen. Ich entschloss mich aber zur Rückkehr nach Hamburg und fuhr zum Grenzübergang Rudbøl, um dann in Niebüll die Bahn nach Hamburg zu nehmen.

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Grenzübergang Rudbøl

Während der Rückfahrt konnte ich dann die Eindrücke noch einmal Revue passieren lassen. Mir hat die sportliche Tour zusammen mit Lars, der gegen 19.00 in Esbjerg eintraf, und später alleine sehr viel Spaß gemacht. Gerade die Mischung aus Sport und Reisen gefällt mir ausgesprochen gut und auf dem Rennrad vergrößert sich die Reichweite noch einmal spürbar. Und Radfahren in Dänemark ist einfach ein Genuss, finde ich, auch wenn ich dies gestern nur in einem kleinen Teil Dänemarks erleben durfte.

Hamburg, 26. April 2014 / Lars A.

Den Store Styrkeprøven / Trondheim – Oslo / 542 km / 22. Juni 2013

„Die große Kraftprobe“, so heißt der seit 1967 jährlich ausgetragene Radmarathon von Trondheim nach Oslo übersetzt. Der Name ist beileibe kein Marketinggedöns. Mit insgesamt 542 Kilometern und 4.394 Höhenmetern (laut Veranstalter) durch weite Teile Norwegens ist der Styrkeprøven einer längsten Radmarathons in Europa und trotz des Termins zur Sommersonnenwende berüchtigt für Wetterkapriolen verschiedenster Art.

Lars A.: Wer hatte eigentlich die Idee, dort mitzufahren? … Ich jedenfalls nicht! Es war Lars B., der irgendwann im Frühjahr 2012 erstmals mir gegenüber davon sprach. Damals hörte sich das in meinen Ohren reichlich jenseitig und unvorstellbar an, eine solche Distanz am Stück auf dem Fahrrad zurückzulegen. Dazu noch in Norwegen, wo es nicht nur allerhand Wasser, Fische und Trolle, sondern auch veritable Berge gibt, die im Wege stehen.

Lars B.: Ich weiß es noch recht genau: Vor 15 Jahren erzählte mir ein Norweger, mit dem ich zusammen den Anstieg zum Teide auf Teneriffa hochfuhr, vom Langstreckenrennen Trondheim-Oslo. Die Vorstellung 542 km am Tag und am Stück zu fahren, das noch in der atemberaubenden Landschaft Norwegens, faszinierte mich sofort. Die Idee blieb in meinem Kopf, verzog sich aber vorerst in irgendeine Ecke. Als ich mit Lars A. dann jemanden getroffen hatte, der auch gerne einmal „längere“ Radtouren macht, erinnerte ich mich wieder an den Styrkeprøven und erzählte von dem Rennen.

Lars A.: Ende 2012 reifte bei mir der Entschluss, den Styrkeprøven zu fahren und mit der Anmeldung im Januar 2013 begann die Vorbereitung, die aufgrund von Eis und Schnee bei mir lange vornehmlich im Joggen bestand. Zusammen fuhren Lars und ich mehrere Brevets (200 bis 400 Kilometer) der Audax Randonneurs Allemagne (ARA) in Hamburg, die mit teilweise unangenehmen und fordernden Wetterbedingungen „glänzten“ und gerade deshalb ein gutes mentales Training darstellten. Im März 2013 kaufte ich mir dann noch ein Rennrad, das fast von alleine fuhr, so meine Hoffnung – leider traf dies nur „bedingt“ zu. Das Wetter in Hamburg war auch noch im Frühjahr zumeist schlecht, egal. Der Styrkeprøven konnte kommen …

Lars B.: Meine tägliche Arbeitsrunde von insgesamt rund 50 Kilometern war eine gute Grundlage für das Langstreckenfahren. Aber erst durch die Brevets erlangte ich die endgültige Sicherheit, gut vorbereitet zu sein. Als es dann Mitte Juni Richtung Norwegen ging, war der 400er-Brevet allerdings schon zwei Monate her. Zu lange? Das sollte sich bald herausstellen.

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Keine Postkarte …

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Preikestolen

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Das ABC-Team

Lars A.: Jörg hatte sich entschlossen, uns nach Norwegen zu begleiten und uns zu unterstützen. (Tausend Dank dafür noch einmal an dieser Stelle, Jörg!) Er wählte im Vorfeld eine Route aus und kümmerte sich um manch andere organisatorische Sache. Allerdings wollten wir, wie es der “Etikette” der Randonneure entspricht, während des Rennens auf Unterstützung durch einen Begleitwagen verzichten und die Strecke alleine bewältigen.

Nach den Vorbereitungen ging es am 15. Juni endlich los in den „Norden“. Über Hirtshals in Norddänemark wollten wir mit der Fähre nach Stavanger, so war der Plan, doch fuhr die Fähre trotz eines ausgestellten Tickets nicht. Nach einigen Irrungen und Wirrungen kamen wir am nächsten Tag dann schließlich doch in Norwegen an. Es sollten einige herrliche Tage werden. Wir sahen wunderschöne Orte wie bei der Wanderung zum „Preikestolen“, einem Fels mit einem atemberaubenden Ausblick 604 Meter über dem Lysefjord. Der Geirangerfjord durfte auch nicht fehlen, die Trollstigen und viele andere imposante Stätten. Die Natur in Norwegen empfand ich als spektakulär, hinter nahezu jeder Ecke lauerte ein Wasserfall, ein reißender Strom, ein Schneefeld oder ein sonstiges Naturschauspiel. Dies konnten wir auch hautnah erleben, als wir zwei Tage vor dem Rennen eine „kleine“ Runde drehen wollten und irgendwann in einer hochalpinen, kargen und kalten Landschaft steckten, auf ca. 1100 Meter Höhe und anschließend eine Abfahrt auf Schotter „genießen“ durften. Das Wetter war aber bis dahin insgesamt sehr angenehm und zumeist sonnig, was sich dann allerdings kurz vorm Styrkeprøven deutlich ändern sollte …

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Testfahrt zwei Tage vor dem Rennen …

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… etwas später sahen wir dann nicht mehr ganz so entspannt aus …

Lars B.: Angeln durfte auf unserer Tour natürlich auch nicht fehlen. So hatten Jörg und ich jeder eine Rute und Angelkram von zu Hause mitgenommen. Und: Zwar holten wir meist nur untermaßige Fische heraus, trotzdem angelten wir so einiges. Bachforelle, Dorsch und andere. In Trondheim grillten wir auf dem Campingplatz unseren 15 Minuten zuvor frisch gefangenen Dorsch. Einfach köstlich!

Lars A.: Tja, Glück mit dem Wetter sollten wir wohl nicht haben. Das wäre ja auch zu schön gewesen. Am Tag vorher verschlechterte sich das Wetter und schaltete auf Dauerregen. Wir stellten uns mental auf eine „Regenschlacht“ ein, was bei einer solch langen Fahrt kein Vergnügen verspricht. Rechtzeitig machten wir uns auf den Weg zum Startpunkt in Trondheim, in der Nähe des Nidaros-Doms, der ältesten Kirche ganz Skandinaviens. Dort trudelten immer mehr Fahrer/innen ein und so langsam kam eine besondere Stimmung auf. Um Mitternacht startete die erste große Gruppe. Bei unserer Startzeit um 0.15 Uhr waren es hingegen nur sehr wenige Fahrer/innen, weshalb wir anfangs aufs Tempo drückten, um Anschluss an andere Fahrer zu finden. Dies gelang uns ganz gut, allerdings wurde mächtig „gelutscht“ und niemand wollte zu Beginn Führungsarbeit im Wind leisten. Lars setzte sich dann nach ca. 70 oder 80 Kilometern ab und ich wechselte immer wieder die Gruppen. Bei der zweiten Verpflegungsstation trafen wir uns dann wieder – als er mir die Tür aufhielt. Er brach mit einer Gruppe auf, ich musste mich aber erst einmal stärken.

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Der Startpunkt in Trondheim gegen Mitternacht

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Kurz vorm Start

Lars B.: Nachdem wir noch eine halbe Stunde am Stadtrand von Trondheim bei Jörg im Bus gesessen hatten, brachen wir im Dauerregen in Richtung Start auf. Schon bei der Startaufstellung in Trondheim wurde mir klar: Hier will keiner vorne weg fahren.

So fuhren Lars und ich gleich an der Spitze bis wir kurz darauf die vor uns Gestarteten einholten. Nach ca. 70 Kilometern traf ich dann zwei Schweizer, denen das Tempo der anderen zu langsam war. Alles lief super bis wir dann eine Pause an der zweiten Verpflegungsstation machten. Die geriet mit 15 Minuten etwas zu lang für mich und irgendetwas vom reichhaltigen Buffet lag mir danach sehr schwer im Magen. Anschließend lief es bei mir schlecht und nur mit großer Kraftanstrengung konnte ich dem Tempo der anderen folgen.

Lars A.: Allmählich begann der Aufstieg, es wurde bei anhaltendem Dauerregen immer kälter. Erst „zerfuhr“ ich höchstpersönlich eine Gruppe, da ich zu schnell war und dies erst zu spät merkte. Dann schloss ich mich eine Zeit lang einer sehr eingespielten Gruppe von sechs jungen Norwegern, die belgisches Kreisel fuhren und echt sympathisch waren. Leider waren sie mir im Anstieg auf Dauer zu schnell und so pedalierte ich alleine weiter. Nach 170 Kilometer erreichte ich die Hochebene, das Dovrefjell, mit dem höchsten Punkt der gesamten Tour auf 1066 Meter. Es war jetzt wirklich richtig kalt, um nicht zu sagen saukalt und ich musste lange Handschuhe anziehen. Nach wie vor regnete es und die Sicht war sehr eingeschränkt. Extrem kalt wurde es dann auf der Abfahrt, die für mich zur Nervenprobe wurde. Ich war heilfroh, als es schließlich nicht mehr so steil hinabging.

Die Verpflegungsstation in Dombrås übersah ich glatt und düste prompt weiter. Mit einem Niederländer suchte ich in einer Toilette am Wegesrand nach einem Handfön, jedoch war hier alles auf Holz getrimmt und naturbelassen. Wir blickten uns an und er sagte zu mir: „This ist my first Styrkeprøven … and my last!“ Die kalten Hände mussten also irgendwo anders hingesteckt werden und schnell ging es weiter. Bis zur nächsten Verpflegungsstation in Kvam nach 264 km zog es sich dann für mich und ich war froh, als ich sie erreichte.

Lars B.: Oben im Fjell wurde es bitterkalt. Die völlig durchweichten Klamotten und Schuhe zogen die Kälte auf die Haut. Die Schweizer versuchten sich ihre langen Handschuhe anzuziehen, was ihnen aufgrund ihrer steifen Finger aber nicht gelang. Minuten vergingen. Warten konnte ich nicht länger, da ich selbst schon völlig zittrig war. So fuhr ich die Abfahrt nach Dombrås alleine runter.

Die dortige Verpflegungsstation lag im Frühstücksraum eines Hotels. Ich war mit der erste, der dort reinkam. Auf den Toiletten gab es elektrische Handtrockner, die nach und nach den kalten Körper und meine Klamotten „antrockneten“.

Die beiden Schweizer tauchten nun auch auf. Es trafen jetzt immer mehr völlig durchgefrorene Fahrer ein. Einige zitterten so sehr, dass sie es nicht schafften, sich einen Tee einzuschenken. Überall, auch auf dem Teppichboden, waren Wasserlachen von ausgewrungenen Kleidungsstücken oder sitzenden Fahrern. Viele liefen barfuß oder mit freiem Oberkörper herum. Dazwischen normale Hotelgäste. Ein irres Bild…

Ich trank drei Kaffee und zwei Tee und nach einem ordentlichen Frühstück mit weiteren Fönpausen fuhren wir nach ca. 1,5 Stunden weiter.

Lars A.: Gegen 10.00 Uhr hörte endlich der Regen auf und das Fahren ward nun deutlich angenehmer. Ich war jetzt alleine unterwegs, war aber gut gestimmt, nicht zuletzt, weil ich trockene Socken anzog, was nach einer mehrstündigen Regenfahrt doch ein ziemlicher Hochgenuss ist. Allerdings merkte ich auch, dass meine Beine nicht mehr ganz so frisch waren. Also hieß es für mich, die Kräfte vernünftig einteilen.

Unterstützung gab es abseits der Verpflegungsstationen aber auch von außen. Bei Lillehammer feuerten viele Zuschauer die Fahrer an und dies pushte auch mich, die kurzen, aber knackigen Steigungen, die ich deutlich in meinen Beinen spürte, hinaufzufahren. Ich beschloss in Brøttum, kurz hinter Lillehammer, nach 370 km erstmals eine etwas längere Pause einzulegen und in Ruhe etwas zu essen. Nach 15, 20 Minuten traf Lars mit seiner Gruppe dort ein. Nach einiger Zeit fuhr ich dann mit ihnen weiter. Die Geschwindigkeit war jetzt deutlich höher als bei mir zuvor. Nach einiger Zeit musste ich abreißen lassen und fuhr wieder „mein“ Rennen mit meiner Geschwindigkeit. Ich erinnerte mich an Berichte, dass auf dem letzten Drittel der Strecke das eigentliche Rennen anfange. Und in der Tat: Es waren jetzt viele kleinere Anstiege zu bewältigen, zudem machte sich ein starker Gegenwind aus südlicher Richtung immer mehr bemerkbar. Ich bemühte mich eine Gruppe zu finden, jedoch zerbrachen diese Versuche nach kurzer Zeit immer wieder. Ich wechselte in einen anderen Modus, musste jetzt echt kämpfen und wollte irgendwann nur noch ankommen.

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Regionale Spezialitäten

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“Die Schweizer” (mit Dänem)

Lars B.: Nun lief es bei mir richtig gut. Wir hatten viel Zeit verloren, nun überholten wir viele Fahrer, die wohl kaum oder nur kurz pausiert hatten. Mit Matthias und Walter, den beiden Schweizern, fuhren wir bis Oslo fast einen 30er-Schnitt. Jedoch machten wir immer wieder längere Pausen. Matthias musste sich dreimal massieren lassen, da ihn Krämpfe plagten. Die beiden waren vorher nie länger als 150 km gefahren. Aber alleine weiterzufahren, zog ich jetzt auch nicht mehr in Erwägung. Die beiden hatten mir geholfen, als es mir 100 km zuvor schlecht erging. Nun konnte und wollte ich ihnen helfen.

Vormittags hörte der Regen unerwartet auf. Sofort wurde es windiger. Leider Gegenwind, aus dem die letzten 60 km Sturm wurde. Irgendwann gesellte sich noch ein Däne zu uns. Wir fuhren dann zusammen. Wenn die Schweizer und ich eine Pause machten, fuhr er anfangs weiter. Jedoch holten wir ihn jedes Mal wieder ein bis er sich nach einiger Zeit dann auch unseren Rhythmus aus schnellem Fahren und langen Pausen anpasste.

Die letzten 100 km. In Hamburg hatte ich mir gesagt, wenn ich die erreicht habe, spult man den Rest irgendwie schon ab. Aber jetzt? Das ist ja weiter als die Geesthacht-Runde. Immer wieder der Blick auf das Tacho. Die Kilometer werden einfach kaum weniger. Matthias kann unserem Tempo am Berg nicht mehr folgen. Wir nehmen immer wieder Geschwindigkeit raus. Ihn jetzt alleine lassen, wäre unfair. Je weiter wir uns Oslo nähern, desto hügeliger wird es.

In Oslo dann auf die Autobahn. Nochmal ein langer Anstieg. Kilometer 542 km. Kein Ziel ich Sicht. Dafür weitere Anstiege. Nach 550 km (vermutlich wegen der Umleitung) lag dann das Ziel versteckt in einer Sackgasse im Industriegebiet. Aber vielleicht macht auch das den Styrkeprøven aus.

Nach 22 Stunden 16 Minuten waren wir dann im Ziel. Gleich danach Essen geholt. Lauwarme Hühnerbeine mit pappigen Salat. Egal, Hauptsache essen. Dazu eine warme Cola. Egal, Hauptsache trinken.

Lars A.: Bei der letzten Verpflegungsstation päppelte ich mich kurz auf und fuhr dann mit zwei Norwegern weiter. Der Wind war so ganz gut zu ertragen. Allerdings zog sich das Ende mächtig hin. Irgendwann waren wir dann auf der Autobahn und mussten zum Schluss noch diesen unappetitlichen Anstieg meistern. Danach ging es gefühlt ewig auf einer mit Hütchen abgesperrten Spur weiter, das nervte mich ganz schön, da diese Hütchen kein Ende nahmen. Das Ziel konnte aber nicht mehr weit sein, dann passierte es.

Ich bog rechts um die Ecke, das Ziel konnte jetzt nicht mehr weit sein, und auf einmal frischte der stürmische Wind auf und wehte ein nicht besonderes strammes Absperrband in oder unter meinen Lenker. Ich versuchte das Rad aufrecht zu halten, leider ohne Erfolg: Ich machte einen Abflug über den Lenker und landete kopfüber auf der Straße. Zum Glück verletzte ich mich nicht ernsthaft, dafür war mein Schaltauge abgerissen. Eine Polizistin fragte mich, ob ich einen Arzt bräuchte – ich verneinte. Sie sammelte ein paar Teile meines abgebrochenen Rücklichts und einige weitere Bruchstücke einer mir unbekannten Sonnenbrille und überreichte mir dies feierlich. In meiner tiefen Wut und Enttäuschung warf ich die gerade in Empfang genommene Sammlung an Plastikmüll möglichst spektakulär auf den Boden … sorry, Frau Polizistin, war nicht so gemeint … bitte nicht persönlich nehmen …

Ich fragte einen Offiziellen, wie weit es noch sei … „four hundred meters“ … Na ja, hätte schlimmer kommen können. Also schulterte ich mein Rad und „stiefelte“ auf den brettsteifen Radschuhen ins Ziel; trotz meines benebelten Zustandes merkte ich, wie einige Zuschauer tuschelten. Zu Fuß „finishte“ ich dann in einer Zeit von 23.55 Stunden und war wirklich froh im Ziel zu sein. Ich traf Lars und stürzte mich im Zelt auf die Verpflegung, eine warme Cola gab es auch für mich zur Feier des Tages.

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Lars A. „finisht“ …ähem … mit dem Rad auf den Schultern

Lars A. und Lars B.:Das Fazit? Der Styrkeprøven war ein intensives Erlebnis. Nicht zuletzt deshalb, weil wir es noch ein halbes Jahr nicht für möglich gehalten hätten, eine solche Distanz innerhalb von 24 Stunden zu absolvieren. Außenstehende werden sich vielleicht fragen, wie man so verrückt sein kann und sich dies freiwillig antut … Die Langstrecke belohnt einen trotz aller Widrigkeiten (oder gerade dann?) mit sehr eigenen Glücksgefühlen: einem wilden Mix aus Naturerlebnis, Demut, und der Erfahrung der eigenen (fast hätten wir geschrieben: „unbändigen“) Willenskraft.

In Anbetracht der oben beschriebenen Bedingungen wäre es allerdings wohl besser gewesen, wenn wir morgens gestartet wären. Trotz unserer durchschnittlichen Zeit gehörten wir bei unseren Startzeiten immerhin zu den Schnellsten, ohne uns jetzt selbst beweihräuchern zu wollen. Mit mehreren schnellen Fahrern hätten wir ein anderes Tempo fahren können und wären zudem nicht zur kältesten Stunde auf dem Berg, auf dem Dovrefjell gewesen.

Aber wer weiß, vielleicht werden wir ja noch einmal dort hinfahren? Vielleicht sogar mit einem (dann größeren) Team des Altonaer Bicycle-Clubs …?

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Der ABC feiert standesgemäß die erfolgreiche Teilnahme am Styrkeprøven – nach eineinhalb Tagen konnten wir endlich ein Bier käuflich erwerben, zur Belohnung gab es eine echte “Männerdose”

Hamburg, 15. April 2014 / Lars

300km-Brevet der Audax Randonneurs Allemagne (ARA), Hamburg, 12. April

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, heißt ein nicht mehr ganz so neues Sprichwort im Fußball. Beim Brevetfahren lautet es hingegen: nach dem 200er kommt der 300er. Und so stand am gestrigen Samstag (12. April) der 300km-Brevet der ARA Hamburg an. Gestartet wurde bereits ab 7.00 Uhr, weshalb Lars und ich uns um 6:20 Uhr mit dem Rad von Altona zum Startpunkt in Rothenburgsort aufmachten. Unterwegs begegneten wir noch diversen Nachteulen, die nach durchzechter Nacht den Heimweg antraten.

Die Strecke führte das Starterfeld von rund 80 Personen in Richtung Ratzeburger See. Anfangs war es sehr neblig und dementsprechend frisch. Trotz langer Handschuhe froren meine Hände, aber es zeichnete sich bereits ab, dass die Sonne irgendwann durchkommen würde.

Ausschnitt aus der Streckenbeschreibung

In Berkenthin erreichten wir die erste Kontrollstelle (Tankstelle). Nördlich des Ratzeburger Sees ging es weiter bis nach Rehna, ebenfalls Kontrollstelle. Dann fuhren wir Richtung Südwesten und machten eine kleine Pause in Kittlitz. In Kittlitz lag die Kontrollstelle in einem Hof-Café (Dielen Café) und der selbstgemachte Kuchen schmeckte echt lecker (ich hatte ein unglaublich großes Stück Rhabarber-Kuchen, das in Hamburg sicherlich als zwei, drei Stücke durchgegangen und verkauft worden wäre). In Kittlitz schloss ich mich der größeren Gruppe um Claus Czycholl an. Zuvor hatte ich eine kleinere Gruppe gefunden, Lars war, wie immer, weiter vorne.

Auf einer wunderschönen Strecke entlang des Schaalsees fuhren wir nach Büchen, die fünfte Kontrollstelle lag in Amelinghausen. Nun ging es wieder zurück nach Hamburg, so langsam reichte es dann auch für meinen Geschmack. Letzter Kontrollpunkt mit einer Luft zum Schneiden war das Fährhaus Altengamme. Die letzten Kilometer durch die Vierlande zogen sich dann einmal wieder. Gegen 19.00 Uhr trudelten wir schließlich nach 314 Kilometern glücklich und zufrieden im Zielpunkt in Rothenburgsort ein (Lars war mit seiner Gruppe bereits eine Stunde vorher eingetroffen). Bei einem alkohlfreien Weizenbier ließen wir die Erlebnisse kurz Revue passieren und plauderten noch ein wenig.

Am Zielpunkt in Rothenburgsort

Das war abermals ein herrlicher Radsporttag, mit bestem Wetter, einer schönen Strecke und gut aufgelegten Mitfahrern (besten Dank dafür!). Unter Brevet-Fahrer/innen wird je nach Situation und Laune immer wieder auch gehörig geklönt. Ich lernte gestern zum Beispiel Martin von der RG Eckernförde (RGE) kennen, auf deren Website ich kürzlich erst war. Denn der ABC und die RGE haben in ihrer Geschichte eine Gemeinsamkeit: Gregers Nissen. Nissen gehörte 1887 zu den Gründungsmitgliedern der RGE bevor er 1890 nach Altona ging und anschließend lange im und für den ABC tätig sein sollte. Martin und ich haben deshalb auf dem Rade fahrend überlegt, ob die RGE und der ABC Gregers Nissen nicht vielleicht einmal zusammen in einer Ausfahrt gedenken könnten. Wir werden sehen, vielleicht kriegen wir da irgendwann etwas hin …

Hamburg-Altona, 13. April 2014 / Lars

ZEITFAHREN HAMBURG – BERLIN, 12. Oktober 2013

Wie oft war „man“ schon in Berlin und ist die Strecke von Hamburg und zurück mit der Bahn oder dem Auto gefahren? Ich habe es nicht aufgeschrieben und weiß es deshalb nicht. Mit dem Rad habe ich mich jedenfalls noch nie in die Hauptstadt aufgemacht. So war es für mich im Frühjahr 2013 irgendwann einigermaßen klar, dass ich bei dem „Zeitfahren“ Hamburg – Berlin vom Audax Club Schleswig-Holstein mitfahren möchte. „Zeitfahren“ in Anführungszeichen, weil zwar die Zeit gestoppt wird, aber die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Start nicht in hautengen Einteilern von einer Rampe herunterrollen und 99,5 Prozent auch keine Zeitfahrhelme tragen. Das Starterfeld mit knapp über 300 Fahrern verteilt sich auf Brevet-Fahrer und ambitioniertere Rennradfahrer, die das Ganze sportlich angehen. Die Strecke ist frei wählbar, nur die Elbbrücken bei Geesthacht und Dömitz müssen überquert werden. Die Veranstaltung – einige nennen es sogar „Event“ – fand 2013 zum 13. Mal statt; am Anfang stand wohl eine Schnapsidee von einigen, zu einer Radsportveranstaltung in Berlin von Hamburg aus mit dem Fahrrad anzureisen. Man sieht also, aus Schnapsideen können innerhalb einiger Jahre Traditionsveranstaltungen werden …

Olli meinte irgendwann, dass er gerne dabei sein möchte. Wir wollten erst auf klassischen Rädern fahren, am Besten auf stählernen Eingangrädern, um so richtig auf dicke (Klassiker-)Hose zu machen. Zum Glück haben wir uns dann aber von der Idee verabschiedet, denn das wäre unser sicherer „Heldentod“ geworden, zwar sehr stil- aber eben auch sehr qualvoll. Sebastian sagte auch zu, der eine oder andere überlegte ebenfalls, Lars B. konnte leider zeitlich nicht, was sehr schade war, hätten wir ihn als „Zugmaschine“ doch gut gebrauchen können. Kurz vor dem Termin konnte Stefan noch nachrücken. So bestand das Team vom Altonaer Bicycle-Club von 1869/80 aus Olli, Sebastian, Stefan und meiner Wenigkeit.

Die Wetterprognosen sahen richtig finster aus. Einige Tage vorher zeichnete sich bereits ab, dass wir bei Dauerregen und Gegenwind bei Windstärke drei die Strecke bewältigen „dürfen“. Das Tief „Xenon“ wütete, wie wir alsbald höchstpersönlich erfahren durften. Von den über 300 gemeldeten Startern erschienen dann auch nur 227; einige hatten es sich wohl anders überlegt, aus welchen Gründen auch immer, aber Xenon sollte uns nicht in die Knie zwingen, oder genauer: in den Betten lassen, da waren wir uns einig. (Xenon ist übrigens ein 1898 entdecktes Edelgas, das eine narkotische Wirkung hat – sollten wir auch bei unserer Fahrt narkotisiert werden …?)

Mit Absprachen, Trainingsplänen und Strategiefragen haben wir uns im Vorfeld nicht groß belastet. Olli und ich machten eine grobe Route und schrieben ein paar Namen von Ortschaften entlang der Elbe auf Papier. Stefan verfügte – zum Glück … – über ein Navi (ohne das wir zwar keinen Heldentod gestorben wären, aber bei der Anfahrt nach Berlin vermutlich auf irgendeinem Parkplatz von irgendeinem Supermarkt oder einer Resterampe hätten notcampieren müssen …).

Die Anfahrt per Rad ab Bergedorf zum Start am Fährhaus Altengamme ging schon einmal richtig gut los. Auf einmal standen wir vorm Zollenspieker Fährhaus – allgemeine große Verwirrung. Links, rechts, hä? … Fährhaus? „Irgendwas stimmt hier nich’“, sagte uns eine immer lauter werdende innere Stimme. Tja, mal kurz verfahren und das um 6.00 Uhr morgens, im Dunkeln und bei Regen – anstatt zehn Kilometer Anreise vom Bahnhof dann `mal eben so rund 25. „Nütscha nix“, wie der Franzose zu sagen pflegt. Es hatte aber schließlich auch einige Vorteile, so waren wir schlagartig etwas wacher und konnten uns schön warmfahren. Also schnell den Deich runter und schon einmal ein Feeling für den Gegenwind kriegen.

„Pünktlich“ kamen wir dann genau zwei Minuten vor unserem terminierten Start um 6:52 Uhr an. Die taktische Besprechung musste deshalb ausfallen – wie alles eigentlich. Dabei war im Fährhaus Frühstück für uns angerichtet … Ich hatte ja aber ein paar leckere Gels und schmackhafte Räuchertofu-Sandwiches (ja doch, glaubt mir bitte …) dabei, weshalb mir das eigentlich egal war.

Um 7.00 Uhr ging das ABC-Team dann auf die Strecke. Es regnete leicht und schnell fanden sich mehrere Fahrer zusammen, mit denen wir eine Gruppe bilden konnten. Bei Geesthacht fuhren wir über die Elbbrücke. Von hinten kamen dann irgendwann ein paar schnelle Jungs und die Gruppe zog etwas an. So fuhren wir im Pulk von ca. 15 Leuten nach einiger Zeit durch heftigen Regen, der immer stärker wurde und sich zu einem wahrhaftigen Starkregen mauserte; es wurde ordentlich, es wurde richtig nass. Wasser von oben und vom Hinterreifen des Vordermannes. Wasser überall. Zum Glück hatte ich mir noch ein „Schutzblech“ aus einer Spiritus-Plasktikflasche „montiert“, was zudem die heiße Optik meines Renners unterstrich.

Wir kamen trotz des bescheidenen Wetters und des konstanten Gegenwindes – der unser treuer Begleiter bleiben sollte – gut voran und machten ordentlich Kilometer. Irgendwann zeichnete es sich dann aber ab, dass die Geschwindigkeit für uns als Team zu hoch war. So mussten einige von uns immer mal wieder abreißen lassen. Wir hatten eine Zeit lang Mühe, ein gemeinsames Tempo zu finden und vor allem über einen längeren Zeitraum zu fahren. Wir waren jedoch als Team angemeldet und wir würden deshalb auch als Team in Berlin ankommen, so war jedoch unser und so war auch mein Standpunkt.

Vor Dömitz fuhren wir auf kleinen, sehr verdreckten Straßen – die Räder sahen aus wie nach einer Schlammschlacht. In Dömitz ging über die Elbe rüber und „um die Ecke“. Hier erreichten wir nach rund 95 Kilometern die erste und einzige Kontrollstelle. Es gab Verpflegung in Form von Wurst- und Käsebrötchen, Müsliriegel, usw. Wasser konnte aufgefüllt und gelassen werden. Wir nutzen die kurze Pause, um uns etwas abzusprechen. Allgemeiner Tenor war, dass wir gleichmäßiger fahren sollten und besser den Windschatten untereinander ausnützen sollten. So war der „Plan“. Wir hatten zwar vorher schon so manches Mal über Fahrräder und Rad fahren ausgiebig diskutiert und philosophiert, aber so „richtig“ zusammen gefahren waren wir bis dato noch nicht.

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Kontroll- und Verpflegungsstelle in Dömitz (Foto: Burkhard Sielaff)

Wir fuhren wir dann bald weiter, um nicht zu sehr abzukühlen. Entlang der Elbe fuhren wir auf einer längeren Deichpassage, die recht eng war, und fanden vorher wieder eine größere Gruppe. Der Regen hörte endlich auf, zu unser großen Überraschung, sagten die Prognosen doch eigentlich Dauerregen voraus. Nach einiger Zeit mussten wir die Gruppe aber wieder ziehen lassen und als Team unsere Geschwindigkeit finden.

Über Wittenberge und Bad Wilsnack pedalierten wir dann Richtung Havelberg. Auf dieser Strecke hatten wir ordentlich Gegenwind und die Region wird von vielen Teilnehmern wegen ihrer Monotonie auf den langen und geraden Alleen nicht unbedingt geliebt. Da ich aber Monotonie durchaus etwas abgewinnen kann, war das nicht wirklich mein Problem.

Unsere Kräfte ließen allmählich etwas nach und in Havelberg machten wir in einem Supermarkt-Café erstmals eine längere Pause von ca. 15 Minuten. Der Kaffee und der Kuchen, die heiße Schokolade taten uns allen ziemlich gut. Zwar war es nicht kalt, aber der ewige Gegenwind zehrte doch recht stark an irgendetwas, nennen wir es Nerven. Wir hatten jetzt einen Großteil der Strecke hinter uns gebracht und waren (mit Pausen) ziemlich genau sieben Stunden unterwegs. Im Supermarkt kauften wir noch Wasser, Apfelsaft und Eistee und wir schwangen uns wieder auf die Räder.

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Verschnaufpause und Verköstigung beim Bäcker in Havelberg!

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Wo der ABC auch ist – nur strahlende Gesichter!

Über Rhinow und Friesack näherten wir uns Berlin. Ich weiß noch genau, dass bei mir bei 197 Kilometern ein kleines „High“ einsetzte. Es machte mir auf einmal noch ein bisschen mehr Spaß zu fahren, gleichmäßig zu treten, den Gegenwind, ähm, „wegzudrücken“ und den wetterbedingten Widrigkeiten zu trotzen. (Hatte mich Xenon etwa narkotisiert?)

Wir trafen jetzt nur noch wenige Zeitfahrer auf der im wahrsten Sinne des Wortes offenen Strecke. Ein Zweiergrüppchen, ein Fahrer und eine Fahrerin, mit der ich auch lange in einer Gruppe beim 400er-Brevet im April 2013 zusammen gefahren bin, holten wir ein und schlossen uns mit ihnen zusammen.

Es zog sich jetzt doch „ein wenig“. Bei Nauen erreichten wir die Bundesstraße 5, die uns nach Berlin bringen sollte (was noch so ca. 60 Kilometer entfernt lag). Wir fuhren brav den Radweg, schließlich wurde die B5 irgendwann zur Kraftfahrstraße und war nicht mehr für Radfahrer freigegeben. Die Radwege waren anstrengend zu fahren, da sie eng waren (und wir uns deshalb nicht mehr so gut gegenseitig vor dem Wind schützen konnten). Zudem waren die Wege immer wieder voller Laub und niemand weiß, was darunter liegt. Es dämmerte jetzt, im Hellen würden wir es nicht mehr schaffen. Zudem verfuhren wir uns trotz Navi und landeten einmal vor einer Einfahrt auf ein Fabrikgelände (oder was das war). Noch einmal irgendwo anhalten. Die letzte Verpflegung herauskramen, etwas Schokolade … und weiter.

Irgendwann bogen wir um eine Ecke und erreichten kurz danach die Berliner Stadtgrenze. Der Berliner Bär begrüßte uns, wir freuten uns, dass wir es bis nach Berlin geschafft hatten. Die letzten Kilometer waren dann aber noch unangenehm, da wir im Dunkeln und bei wieder einsetzendem Regen auf den engen Radwegen vorsichtig rollten. Über die Hauptverkehrsstraße, aus einer geöffneten Heckklappe klatschen uns zwei Leute zu, weit kann es nicht mehr sein. Und tatsächlich: auf der rechten Seite lag es dann, das Horst Kober Sportzentrum, das Ziel (unserer Träume). Runter von den Rädern und ein bisschen umarmen. Wir checkten dann genau um 19:03 Uhr ein brauchten damit ziemlich genau zwölf Stunden inklusive Pausen von Hamburg nach Berlin. Kein neuer Weltrekord, das müssen wir an dieser Stelle zugeben, aber wir waren froh, es unter den erwähnten Umständen gemeinsam geschafft zu haben. Die Tomaten- und Gulaschsuppe tat gut, das Bier schmeckte trotz Plastikbechern hervorragend und wir konnten endlich Ollis Geburtstag gebührend feiern.

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We made it! Kurz nach 19.00 Uhr im Horst Kober Sportzentrum in Berlin.

Bis 21.00 Uhr blieben wir dort machten uns dann frisch geduscht in die Stadt auf. Als wir nach der Ankunft aus unserer privaten Unterkunft in der Kastanienallee vor die Tür traten, goss es wie aus Kübeln. Wir konnten kaum zehn Meter gehen, so stark schüttete es. Zu dritt gingen wir in der Nähe etwas essen (Stefan wurde abgeholt und hatte sich recht bald auf die Heimreise nach Hamburg gemacht). Nach dem Essen herrschte dann allgemeine Müdigkeit. Der ein oder andere soll sich aber noch ins Berliner Nachtleben gestürzt haben …

Hamburg – Berlin. Wir haben es nach rund 280 Kilometern geschafft! Es war eine wirklich sehr gut organisierte Veranstaltung, vielen Dank dafür noch einmal an das Team vom Audax Club Schleswig-Holstein!

Dass das Wetter durchaus Humor haben kann, erfuhren wir dann am folgenden Sonntag. Es herrschte bestes Herbstwetter, die Sonne strahlte und es wehte kaum ein Wind – das wären geradezu ideale Bedingungen für Hamburg – Berlin gewesen. Wir konnten bei unser Rückfahrt mit der Regionalbahn die Fahrt vom Vortag noch einmal Revue passieren lassen, zumal wir in einigen Städten und Ortschaften hielten, die wir mit dem Rad am Vortag in die andere Richtung durchquert hatten.

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Auf dem Rückweg in der Bahn

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Die Spuren der Schlamm-„Schlacht“

Der Altonaer Bicycle-Club wird sicherlich nicht das letzte Mal bei „Hamburg – Berlin“ an den Start gegangen sein und bei zukünftigen Austragungen wieder dabei sein und seine „Visitenkarte“ abgeben …

Hamburg, 9. April 2014 / Lars

(Eine erste Fassung des Berichts stammt vom 17. Oktober 2013).

200KM-BREVET DER ARA HAMBURG, 29. März 2014

Der zweite 200km-Brevet der Audax Randonneurs Allemagne (ARA) Hamburg in diesem Jahr fand am 29. März statt und es waren abermals drei ABCer mit von der Partie (Lars, Lars und Stefan). Dieses Mal ging es wieder in die “gewohnten Gefilde” entlang der Elbe bei im Laufe des Tages sehr schönem Wetter.

Über Büchen und Boizenburg fuhren wir zur Elbfähre bei Bleckede und die Damen und Herren “an der Spitze“ drückten trotz des Gegenwindes ordentlich auf die Pedale. Ich ließ mich nach ca. 80 km aus der Gruppe herausfallen und sagte Lars und Stefan innerlich Adieu, da mir das Tempo auf Dauer dann doch zu hoch war.

Als ich bei der Elbfähre eintraf, sah ich noch eine größere Gruppe Randonneure – die „Führenden“, die ja eigentlich nicht führten, weil ein Brevet ja kein Rennen ist – wie sie auf die andere Seite übersetzten.

Ich genoss die kurze Pause und das schöne Wetter und beim Warten auf die nächste Fähre trafen drei andere Fahrer ein. Zusammen machten wir uns nach der kurzen Schiffspassage auf zur nächsten Kontrollstelle in Dahlenburg. Über Bardowick ging es schließlich wieder zurück nach Hamburg. Wir hatten jetzt ordentlich Rückenwind und fuhren bei überschaubarem Kraftwaufwand recht flott durch die liebliche Gegend. Aus unserer Vierergruppe wurde eine Dreiergruppe und wir blieben bis zum Ziel in Rothenburgsort zusammen und klönten dann noch ein wenig bei einem alkoholfreien Weizenbier.

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Kurz vorm Ziel auf dem Sperrwerk Billwerder Bucht.

Das hat wieder einmal sehr viel Spaß gemacht. Vielen Dank an die Mitfahrer (u.a. Magnus und Marvin) und die Organisatoren.

Hamburg-Altona, 9. April 2014 / Lars

BREVET DER AUDAX RADONNEURS ALLEMAGNE

200 km - Brevet der Audax Radonneurs Allemagne (ARA), Hamburg-Rothenburgsort, 15. März 2014

Am Samstag, den 15. März dieses Jahres, begann in Hamburg die Brevet-Saison („Brevet“ = französisch „Prüfung“, Diplom“). Das Jahr 2014 steht schon ein wenig unter dem Vorzeichen des abermals im kommenden Jahres ausgetragenen Superbrevets „Paris-Brest-Paris“, da die Voranmeldung im kommenden Jahr nach dem längsten in 2014 gefahrenen Brevet zeitlich gestaffelt sein wird.

Rund 70 Fahrerinnen und Fahrer folgten der Einladung der Organisatoren Claus Czycholl und Hanno Striedeck und begaben sich trotz der angekündigten böigen Nordostwinde auf die Strecke in Richtung Ostsee. Darunter befanden sich auch drei ABCer – Sebastian, Lars und meine Wenigkeit. Von Rothenburgsort ging es über Mittlerer Teichweg raus aus der Stadt, über Stemwarde und Lütjensee fuhren wir nach Ostholstein. In Schönberg, Ahrensbök und Timmendorfer Strand liefen wir jeweils Kontrollstellen an und ließen unsere knallgelben Karten abstempeln, die nach der Veranstaltung nach Paris geschickt werden, um dort geprüft und anerkannt zu werden   („homologisiert“) und im Herbst wieder in unseren Briefkästen landen.

War das „Feld“ anfangs noch recht groß, zog sich dies im Laufe der Zeit immer mehr auseinander und kleinere Gruppen fanden sich. Brevets haben dabei aber keinen Renncharakter, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer fahren vielmehr „gegen“ sich und wollen die vorgegebene Strecke, die im Vorfeld von den Veranstaltern festgelegt wird, in dem zulässigen Zeitfenster bewältigen – bei 200 Kilometern liegt das Zeitlimit bei 13 ½ Stunden. 

Bei mir lief es eigentlich ganz gut. Die Sonne kam immer wieder einmal zum Vorschein, der Wind, das himmlische Kind, hatte jedoch alles andere als einen Ruhetag eingelegt; im Gegenteil, es wehte und stürmte bei Windstärken von 5 und teilweise wohl noch etwas mehr sehr heftig. Vor allem die seitlichen Winde und Böen machten das Fahren zum Balancierakt und zur Konzentrationssache. Unterwegs fand ich eine gut funktionierende Vierergruppe, mit der ich dann bis zum Ziel in Hamburg zusammen fahren sollte. 

Ein kurzer Blick in Timmendorfer Strand auf den weißen Sand und die blaue See musste genügen, dann ging es auch schon wieder zurück. In Reinfeld und Trittau stoppten wir wieder kurz an den  Kontrollstellen (Tankstellen) und fuhren dann mit mächtigem Gegenwind wieder nach Hamburg-Rothenburgsort. Unterwegs hatte ich bei Kilometer 150 eine kleine Schwächephase, „meine“ Gruppe merkte, dass ich abfiel, nahm den Druck von den Pedalen und ließ mich wieder heranfahren. Der Gegenwind und die Hügel Ostholsteins blieben so früh in der Saison dann doch nicht ganz ohne Wirkung. Dennoch machte sehr viel Spaß und Freude auf den zumeist ruhigen Straßen der Strecke zu fahren und erstmals im Jahr wieder eine längere Zeit im Sattel zu sitzen.

Im Ziel wartete dann Tomatensuppe auf uns. Eine tolle Überraschung waren die ausgelegten Poster für „Paris-Brest-Paris“ 2015, das das alle vier Jahre wiederkehrende Ziel und mit über 1200 Kilometer eine besonders große Prüfung vieler Brevet-Fahrer und Randonneure ist.

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Vielen Dank an die Organisation der ARA Hamburg für die schöne Strecke und das gemeinsame Erlebnis. Wir kommen gerne wieder. Danke auch für die die Verpflegung und die PBP-Poster! Letzteres werde ich mir aufhängen, um immer wieder einmal darauf zu blicken und mir meine Gedanken zu machen …

Hamburg, 6. April 2014 / Lars

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